Flashpoint: Krieg im Nahen Osten

8.10.2023

Israel befindet sich im Kriegszustand. Der schwerste Angriff auf das Land seit dem Yom Kippur-Krieg zu dessen Jahrestag aus dem Gazastreifen, der strategisch koordiniert zu Luft-, Land- und Wasser sowie als Cyberangriff geführt wurde und zum Zeitpunkt des Verfassens dieser Zeilen noch wird, erfolgte nicht von ungefähr.

Die Eskalation wurde von den Angreifern von vornherein einkalkuliert. Schon gibt es militärische Aktionen auch von Hisbollah im Norden und israelische Reaktionen auf libanesischem Territorium. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich daraus ein längerer und schwerer regionaler Konflikt ergibt, ist bedauerlicherweise sehr groß.

Der Angriff hat Israel überrascht, kam aber bei genauer Überlegung nicht ganz so unerwartet. Er hat klare geostrategische Hintergründe:

Die Gegner finden sich auf palästinensischer Seite, wo die Befürchtung besteht, dass ihre Interessen (unabhängiger Staat) bei dem Projekt auf der Strecke bleiben könnten. Der Iran hat kein Interesse an einem erstarkenden und geopolitisch wichtig werdenden Saudiarabien und schon gar nicht an dessen Normalisierung mit Israel, dem erklärten Erzfeind des Iran. Er unterstützt seit jeher die Widerstandsbewegungen gegen Israel (Hamas, Islamischer Dschihad, Hisbollah) mit modernen Waffen, mit Geld und politisch.

Noch jemand dürfte kein gesteigertes Interesse an der Infrastruktur über Saudiarabien bis Indien haben, nämlich die VR China, zumal dies ein Konkurrenzprodukt zum chinesischen One Belt, One Road-Projekt wäre, mit dem sich China ein weltweites Infrastrukturnetzwerk zu schaffen trachtet. Derzeit gibt es keine Hinweise, dass China in irgendeiner Weise involviert wäre, eine Verurteilung des brutalen Angriffs der Hamas ist von China jedoch nicht zu erwarten. Chinas weitere Vorgehensweise wird zu beobachten sein.

Da wäre dann auch noch Russland, das sich mehr und mehr als internationaler Unruhestifter (Ukraine, Balkan, Kaukasus, afrikanische Putschs) entpuppt. Russland kommt der neue Krieg im Nahen Osten gelegen, kann es sich dadurch doch eine Ablenkung vom Ukraine-Krieg und eine Verlagerung amerikanischer Aufmerksamkeit von der Ukraine zu Israel erwarten. Es ist daher nicht überraschend, dass die ersten Stellungnahmen aus Moskau sehr Hamas-freundlich ausgefallen sind.

Die Welt ist jedenfalls um einen weiteren Krisenherd, der akut und brandgefährlich geworden ist, reicher.

Für Unternehmen, die in der Region tätig sind, empfiehlt es sich, seine Krisenpläne und sein Krisenmanagement entsprechend zu adaptieren.