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25. Juni 2023
Die Meuterei (der Putschversuch, der Aufstand, je nachdem, wie man es sehen will) in Russland ist vorüber, beendet durch einen überraschenden Deal mit Jewgenij Prigoschin, dem Chef der Wagner-Gruppe.
Die Lage in Rußland bleibt dennoch instabil. Klar ist, dass Präsident Putin nach dieser Eskapade deutlich geschwächt dasteht. Zum enttäuschenden Verlauf des Krieges gegen die Ukraine kam nunmehr der Nachweis einer in diesem Ausmaß von vielen nicht erwarteten Schwäche des Präsidenten im Inland. Ob die Eingliederung der Wagner-Leute so leicht zu bewerkstelligen sein und die Zusage der Straffreiheit auch eingehalten wird, muss sich ebenfalls erst zeigen.
Widerspruch und Widerstand könnten durch die Entwicklungen der letzten Tage angeregt werden, die inneren Machtkämpfe erst recht weitergehen. Der Frust in Teilen der Bevölkerung, dessen Ausmaß schwer einzuschätzen ist, könnte sich in neuen Demonstrationen entladen.
Jedenfalls muss bei Geschäftsreisen, sofern sie derzeit notwendig sind und falls überhaupt Visa erteilt werden, mit einem gewissen Risiko gerechnet werden.
Die nunmehr deutlich zutage getretene Schwäche Putins würde erwarten lassen, dass dieser jetzt irgendwo Stärke zeigen muss. Gegenüber den Führungskräften wird dies gerade jetzt nicht leicht sein. Der russischen Bevölkerung hat er im Laufe der Jahre die Fesseln bereits sehr eng angelegt.
Daher wird Putin dringend einen markanten militärischen Erfolg in der Ukraine brauchen. Da sich dies als schwierig gestalten wird, ist nicht auszuschließen, dass er sich ein schwächeres Opfer sucht.
Das muss nicht unbedingt eine Militäraktion sein. Es würde ihm allenfalls ausreichen, die ohnedies laufenden Destabilisierungsversuche der Republik Moldau mit ihrer demokratischen, pro-europäischen Regierung zu verstärken, um einen Regimewechsel zu einer Moskau-treuen Regierung herbeizuführen. So könnte ein zweites Belarus und westlich der Ukraine mit Hilfe der in Transnistrien stationierten sogenannten russischen “Friedenstruppen” eine Ablenkung für die ukrainischen Truppen geschaffen, wenn nicht gar eine neue Front eröffnet werden.